Trotz des nicht-Gehens von heute möchte ich einen kurzen Bericht über das Weiterkommen schreiben.

Auf der gestrigen Etappe
Nach einer ruhigen Nacht erwache ich gegen 6 Uhr das erste Mal. Mein Entscheid, noch eine weitere Nacht hier zu verbringen, steht fest.
Doch ärgert und beschäftigt mich die Situation, in der ich mich befinde. Sie fühlt sich festgefahren und falsch an. Ich fühle mich frustriert über mich selbst, beschämt durch die Schwierigkeit und irgendwie traurig.
Blasen an den Füssen, die schon den gestrigen Nachmittag schmerzhaft erleben liessen, zwingen mich, heute nicht weiterzugehen. Ich mache mir Vorwürfe, nicht aus freier Entscheidung früher einen Ruhetag eingelegt zu haben; dass ich wohl die falschen Schuhe trage, etc.
So startet der Tag emotional. Nach dem Input von Stefan, dass wohl auch dies zum Weg gehört, wenn auch nicht im Wanderbuch beschrieben, führe ich mir so liebevoll wie möglich meine Situation vor Augen.
mein Körper braucht eine Chance sich zu erholen
es gibt vielleicht eine Möglichkeit, ein Fahrrad zu mieten und damit ein Stück zurückzulegen (was den Fuss vorne nicht so belasten würde)
ich fahre zu Sr. Pia ins 140km entfernte Kloster um mich auszuruhen...
ich fahre nach Hause
Fazit: es gibt Möglichkeiten. Nun mal eines nach dem anderen prüfen und nicht alles zusammen 🙈

Verrès mit Castello
Ich entschliesse mich, nach dem Frühstück die Pharmacie aufzusuchen. Als ich mit frischem Fruchtsalat, selbst gemachtem Kuchen, Brot, Croissants, Saft, Fleisch, Käse... gestärkt Richtung Pharmacie gehe (ich versuche trotz den Schmerzen den Fuss so normal wie möglich zu belasten), sehe ich schon aus 100 Meter Entfernung die Menschen vor der Apotheke warten. Da ich das Bedürfnis nach Privatsphäre verspüre, besuche ich erst die Kirche.
Sie stammt (vermutlich) aus dem 11. Jahrhundert und trägt den Namen Saint-Gilles. In ihrem Innern gibt es eine Krypta, die nicht zugänglich ist.

Freske im Innern der Kirche
Eine halbe Stunde später passt es mir in der Apotheke schon besser. Ich lasse den Fuss begutachten, um mir eine Bestätigung zu holen, dass es sich 'nur' um eine Blase und nichts schwerwiegenderes handelt. Ausgerüstet mit einer Salbe für die offene Wunde, Polsterung für den Fussballen, Pflastern und 2 Gratismustern an Pflegeprodukten mache ich mich eine halbe Stunde später auf den Weg zu einem Kaffee. Danach geht es zurück ins B&B. Schon erstaunlich, denke ich, wie so ein fremdes Zimmer mit Bad und einem Bett fast zu einem Zufluchtsort werden kann. Ich versorge die Wunde, ruhe mich auf dem Bett aus. Ich fühle mich bereits zuversichtlicher.
Nun gehe ich die Optionen nochmals durch.
nach Hause gehen wäre das Einfachste, ich möchte aber eine andere Lösung finden. Also fällt das weg
ob ich in Ivrea ein Fahrrad mieten und in Pavia zurückgeben kann, kläre ich ab. Leider ist die Rückgabe in Pavia nicht möglich
zu Sr. Pia zu fahren stelle ich mir gemütlich vor, ich möchte mich aber beWEGen
Ich entschliesse mich, morgen mit dem Zug nach Pont-Saint-Martin und weiter nach Ivrea zu fahren. Damit werde ich das Aostatal verlassen und in die Feinschmeckerregion Piemont gelangen. 😋
Ich möchte den Tag geniessen, weiterkommen, aber meinen Fuss nicht allzu sehr belasten. Bis am Montag meine anderen Schuhe in Pavia eintreffen werden 😅

Blick auf Verrès
Ich bin froh um meine Einstellung, mir eine Strecke mit dem Zug zu gönnen und kein schlechtes Gewissen zu haben, wenn ich nicht 100% zu Fuss zurücklegen werde. Der Ärger hat sich gelegt und ich kann die Situation akzeptieren, wie sie ist.
So werde ich meinem Körper die Erholung geben, die er benötigt.
Dankbar für die Unterstützung aus nah und fern mache ich mich nun hungrig auf den Weg zum Abendessen.
Heute gibt es leider keinen Link 😄
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