Eine Kirchenuhr schlägt - was wohl? - als ich mich heute morgen in Acquapendente um 6:12 auf den Weg mache. Es liegen 24 km vor mir. Die Route ist in der offiziellen Via Francigena App als Medium angegeben.

Mohn in der Morgensonne
Aus der kleinen Stadt heraus führt der Weg erst links weg von der Hauptstrasse um 45 Minuten später auf die andere Seite der Strasse zu wechseln. Kurz überlege ich, der Strasse entlang zu gehen. Das würde mir 1h Zeit einsparen. Ich entscheide mich jedoch dagegen, da ich mich kraftvoll fühle und gern durch das Land gehe.

Gemütliche Wege über Land
Es geht mal rechts, mal links entlang von Kartoffel-, Weizen- und Sonnenblumenfeldern. Unterwegs begegne ich einem Jungen Mann, der einen Hund Gassi führt. Als ich 5 Minuten später im Schatten anhalte, um Wasser zu trinken, kommt der ahund daher. Er legt sich auf den Boden. Der Mann kommt daher und nimmt ihn an die Leine. Es ist amüsant anzusehen, wie der Hund sich weigert, weiterzugehen. Evtl ist ihm ein wenig zu warm. Aber das Herrchen ist das Herrchens und zieht in weiter.

Eine Art Diestel...
Als ich um 8:30 ins Dorf San Lorenzo gelange, sehe ich bereits weitere Pilger auf einer Terrasse sitzen. Ich geselle mich zu ihnen. Obwohl das Restaurant noch geschlossenen ist servieren sie mir eine Cola und ein Kaffee. 30 Minuten später gehe ich weiter. Wir waren unterdessen zu fünft im Kaffee. Die Gruppe verzettelt sich bald wieder. Ich geniesse es, alleine unterwegs zu sein. Irgendwie hab ich mehr Platz für die Natur. Das wird sich am Abend bestätigen als ich berichte, dass ich ein Pferd und einen Esel auf der Weide gesehen habe. Nicht alle Mitpilger haben die Tiere bemerkt.

Lago di Bolsena
Kurz nach dem Dorf sehe ich das erste mal auf den Lago di Bolsena. Der Form und dem Gelände rundherum zur Folge könnte es früher ein Vulkan gewesen sein. Ich gehe dem aber nicht weiter nach. Angenehm führt der Weg durch den Wald, in leichtem auf und ab. Es ist eine willkommene Abwechslung zu den letzten Tagen in der Toskana. Ich befinde mich hoch über dem See und zwischen den Wäldern kann ich immer mal wieder auf das Blau des Sees hinunterblicken. Die Sonne scheint warm vom Himmel, aber ich habe genügend Energie und gehe langsam meines Weges.

Mir ist keine begegnet
Kurz vor halb elf, gerade in einem kurzen aber steilen Anstieg, kommt ein Velofahrer daher gestrampelt. Auch sein Ziel ist Rom - wie vieler, denen ich die Tage begegne. Er steigt kurz sb und schiebt sein Fahrrad. Er erzählt mir, dass er Amerikaner dei, aber seit 8 Jahren in Rom (und deshalb italienisch spricht). Vorallem aber breiter sich ein Lächeln auf meinem Gesicht aus als er sagt, er seibin Lourdes gestartet. Lange idt ed her, dass ich dort war. Und es weckt einen Wunsch in mir, bald mal wieder dorthin zurückzukehren.

Olivenhain über dem Lago di Bolsena
Letztens Endes steige ich kurz nach 12 durch steile dunkle Gassen hinab ins Dorf Bolsena. Agnete und Christian haben bereits ein Bier vor sich stehen und begrüssen mich. So esse ich ein Stück Pizza, schlendere mit Agnete zum See hinab und suche danach meine Unterkunft auf. Ich habe mir heute in einer Pension ein Einzelzimmer gemietet. Zwischendurch bin ich froh um "eigene vier Wände".

Ein weiterer Tag ist erlebt
Das schöne am alleine unterwegs sein ist unter anderem, dass ich die Freiheit habe, mich immer wieder aufs Neue zu entscheiden. Entscheide über den Haufen zu werfen und neu zu treffen. Da ich sehr gerne Schiff fahre hat mir meine Schwester Cornelia die Infos über die Schiffe auf dem Lago die Bolsena rausgesucht. Sie fahren heute Dienstag und am Donnerstag um 11 Uhr. Hmmmm. Die erste Entscheidung war, morgen weiterzuwandern und für einen Ruhetag sm Donnerstag zurückzukehren und die Schifftour zu unternehmen. Als ich keine Busverbindung finden konnte habe ich mich entschieden, noch zwei Tage zu wandern und in Viterbo einen Ruhetag zu nehmen. Als ich nun sm Abend einen anderen Pilger und seine Frau antraf kamen wir auf das Thema Bus und er zeigte mir, dass es sehr wohl Verbindungen gibt. So steht nun erneut eine Entscheidung bevor, die ich aber erst morgen treffen werde.

Pilgerausrüstung
Das schönste heute: das Kompliment von Agnete, einer Lehrerin, die schon seit 40 Jahren unterrichtet. (Englisch und andere Fächer). Sie findet meine Texte super geschrieben. Das hat mich sehr gefreut.
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