Es geht um 6 Uhr heute morgen los. Zu meiner Freude komme ich an einer offenen Kapelle vorbei. Seit mehreren Tagen wiedereinmal singe ich ein Lied. Vorbei an einem römischen Amphitheater führt der Weg erst der Strasse entlang, bevor ich auf eine ruhigere Nebenstrasse gelange. Noch immer ist die Landschaft geprägt von Haselnussbäumen.

Die Steine sind vermutlich durch Pilger, Wanderer dort platziert worden - auch ich habe einen hingelegt :)
Den heutigen Tag empfinde ich als nicht sehr spannend und schon bald nehme ich die Kopfhörer und lenke mich mit meinem Hörbuch ab. Ablenken von? Dem unspektakulären Weg, den Schmerzen im rechten Schulterblatt, den verbleibenden Kilometern, dem baldigen Ankommem,... An manchen Tagen empfinde ich es einfach als angenehm, mich auf das Hörbuch zu konzentrieren und nicht am Tag oder Weg rumzustudieren.

Entlang einem kleinen Bach (nicht sichtbar)
Um 8:30 Uhr erreiche ich Monterosi und trinke einen Kaffee. Dabei lerne ich ein Paar aus Dänemark kennen, die auch schon seit einigen Tagen unterwegs sind. Spannend, wie man tagelang auf derselben Strecke unterwegs sein kann, ohne sich zu begegnen - auch nicht abends in den meist kleinen Dörfern. Dasselbe ereignet sich am Abend im Ostello der Pfarrei. Ein anderes Paar, das auch schon seit ein paar Tagen unterwegs ist, quartiert sich ebenfalls im Ostello ein.
Kurz vor 11h erreiche ich Monte Gelato. Es gibt dort einen Fluss und Wasserfälle. Von denen ich jedoch ein wenig enttäuscht bin. Nachdem ich am Tag 39 dem wunderschönen Fluss Elsa mit seinen Wasserfällen entlang gewandert bin, haben es andere schwer, meine Begeisterung zu wecken.

Ausgetrockneter Brunnen
Dafür lege ich erneut eine Pause ein und setze mich in ein Restaurant, trinke etwas und versuche mein Schulterblatt zu entspannen - was mir leider nicht richtig gelingen will.
Weiter durch Wälder, über Feldwege und nach einem kurzen aber steilen Anstieg am Schluss erreiche ich irgendwann nach 13h mein heutiges Ziel Campagnano di Roma. Der Name deutet bereits darauf hin, dass ich mich nahe meinem Ziel befinde.

Schöne Aussicht - wie ich beim Betrachten der Bilder feststelle
Heute habe ich mir ein paar wenige Gedanken zum Ende gemacht. Das Ende ist so nah, noch nie war das Ziel so greifbar. Und die Aussicht aufs Ankommen ist zugleich Energie und Bremse. Energie, weil es schön ist, das Ziel zu erreichen. Weil es schön ist, bald wieder zuhause sein. Bremse, da mir das unterwegs sein gefällt. Will ich überhaupt ankommen? (ja).
Und doch ist das Ende auch ein Weitergehen. Weitergehen, um ein Abenteuer und einige Erfahrungen reicher. Weitergehen in meinem Leben, das ich mag. Weitergehen mit Menschen, die ich gern hab.

Kurz vor dem Ziel
Ich bin dankbar für einen angenehmen Schlafplatz, werde später noch etwas essen und mich dann für morgen ausruhen. Die letzte Unterkunft für meinen Weg ist organisiert. Auch ein Moment der mir bewusst macht, dass ich meine Tage bald wieder anders gestalten werde.
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